Donnerstag, 12. März 2015

Warum scheitern glücklich macht

06. März 2015 EatSmarter

Warum scheitern glücklich macht


Sicherlich haben Sie auch schon einmal einen Mitmenschen dabei beobachtet, wie er sich bemüht hat, cool zu sein – und wie äußerst uncool er dabei war. Ganz ähnlich verhält es sich mit der Anstrengung glücklich zu sein. Wenn Sie sich ums Glücklich sein bemühen, werden Sie nicht glücklich sein. Vielleicht besteht das Problem ja auch einfach darin, dass wir uns generell zu sehr bemühen.
Glücklich sein ist nichts, was wir besitzen können sondern eher etwas was uns geschieht, weil es bereits in uns ist. So wie ein selbstbewusster Mensch einfach selbstbewusst ist, ist ein glücklicher Mensch einfach glücklich. Er ist einfach. Was ich damit sagen will, ist, dass Glücklichsein nicht etwas ist, was wir erreichen können, sondern es ist vielmehr der schöne Nebeneffekt ganz besonderer Lebenserfahrungen. Wir vermischen das gerne, da Glücklichsein derzeit gerne als das Lebensziel schlechthin propagiert wird. Kaufen Sie jenes und Sie werden glücklich sein, lernen Sie das und seien Sie glücklich. Aber Glück können Sie weder kaufen noch erreichen. Es ist einfach. Und es ist dann da, wenn Sie bestimmte Bereiche Ihres Lebens in Ordnung gebracht haben.

Glück ist nicht dasselbe wie Spaß

Sehr oft, wenn wir glauben auf der Suche nach Glück zu sein, suchen wir eigentlich Spaß: gutes Essen, mehr Sex, ein neues Auto, mehr Zeit für Kino, Partys mit Freunden, 10 Kilo abnehmen u.s.w.. Natürlich ist Spaß eine feine Sache – aber es ist nicht dasselbe wie Glück. Spaß und Glück sind verwandt, aber der Spaß ist nicht die Ursache für das Glück. Jeder Drogenabhängige, jeder Ehebrecher könnte Ihnen über den kurzfristigen Spaß erzählen, den er oder sie hatte ... vom Glücklichsein wird vermutlich nicht die Rede sein.
Spaß ist ein falscher Gott. Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die ihren Fokus und ihre Energie auf oberflächliche Vergnügungen richten, langfristig unglücklicher, ängstlicher und instabiler als andere sind. Spaß ist die oberflächlichste Art und Weise, Befriedigung zu finden und deshalb auch die einfachste. Spaß wird uns verkauft. Darauf sind wir fixiert. Mit Spaß betäuben und zerstreuen wir uns. Doch auch wenn Spaß natürlich notwendig ist und durchaus seine Berechtigung hat – Spaß alleine reicht nicht. Da ist noch viel mehr.
Verstehen Sie mich nicht falsch – um Glück zu finden, müssen Sie keineswegs Ihre Erwartungen herunterschrauben! Was in letzter Zeit immer öfter die Runde macht, ist die Behauptung, dass wir alle Narzissten sind und uns das unglücklich macht, weil wir erzählt bekommen wie einzigartig und wunderbar jeder einzelne von uns ist, und dass wir in unserer Einzigartigkeit die Welt verändern werden. Auf Facebook können wir tagtäglich lesen wie großartig das Leben der anderen ist, nur unser eigenes nicht, so dass wir uns schlecht fühlen müssen und uns fragen, was schief gelaufen ist. Und das sollten Sie alles bereits in jungen Jahren herausfinden und wissen ... nein, natürlich nicht.

Erst scheitern, dann glücklich sein

Ein Freund von mir hat sich vor einiger Zeit bei einer höchst riskanten geschäftlichen Unternehmung finanziell komplett übernommen. Er hat alle seine Ressourcen aufgebraucht bei dem Versuch, es zum Laufen zu bringen und ist grandios gescheitert. Ich sage bewusst grandios, denn heute ist er glücklicher denn je dank dieser Erfahrung. Er hat eine Menge darüber gelernt, was er im Leben will und was er nicht will und das hat ihn zu seinem jetzigen Job geführt, den er sehr liebt. Er ist jetzt in der Lage zurückzublicken und ist stolz darauf, dass er das Unternehmen gewagt hat und sich nicht mit der Frage herumschlagen muss: „Was wäre gewesen, wenn?“ und das hätte ihn unglücklicher gemacht, als jedes Scheitern es je vermocht hätte.
Dass wir scheitern, ist kein Widerspruch zum Glücklich sein – wenn wir uns gestatten, hinzuschauen und das Gute im sogenannten „Scheitern“ zu erkennen, nämlich die Erfahrungen und die Lehren, die wir daraus ziehen und die uns dann weiterbringen. Erst die Fähigkeit zum Scheitern, der Mut zum Fehlschlag und das Erkennen des Schatzes darin ist eine wesentlicher Bestandteil des Glücklichseins.
Wenn Sie vorhatten, direkt nach der Ausbildung eine Million zu machen und ein dickes Auto zu fahren, waren das, mit Verlaub, eher oberflächliche Vorhaben, und dann haben Sie möglicherweise, wie bereits erwähnt, Spaß und Vergnügen mit Glück verwechselt. Dann könnte ein schmerzhafter Schlag aus der Wirklichkeit eine gute Lektion sein, die Ihnen das Leben gibt. Denn Glück kommt nicht von außen, und Glück kommt auch nicht in Form eines Autos oder durch viel Geld. Das Glück kommt auf dem Weg dorthin. Deshalb würde ich sagen, erhöhen Sie Ihre Erwartungen. Verlängern Sie den Weg, den Prozess, die Entwicklung. Stecken Sie sich ruhig das Ziel, viel Geld zu verdienen. Und dann genießen Sie den Weg dorthin und seien Sie so glücklich wie möglich dabei. Erschaffen Sie Ihre ganz eigenen Standards und kosten Sie die unvermeidlichen Stationen des Scheiterns während des Prozesses nach Herzenslust aus. Leben Sie die Erfolge und die Misserfolge und lernen Sie davon.

Glücklich sein ist nicht dasselbe wie positiv denken

Sehr wahrscheinlich kennen Sie auch jemanden, der ständig glücklich und guter Laune scheint, ganz egal, wie die Umstände gerade sind. Und sehr wahrscheinlich ist diese Person auch eine der gestörtesten, die Sie kennen. Denn negative Emotionen zu unterdrücken führt zu noch mehr und noch tieferen negativen Emotionen und zu emotionalen Störungen.
Es ist ganz einfach: Dinge laufen schief, andere Menschen enttäuschen uns, wir machen Fehler und wir fühlen uns schlecht. Und das ist in Ordnung. Negative Gefühle sind notwendig und gesund, sie helfen uns eine stabile Grundlinie für das Glück in unserem Leben zu etablieren. Der Trick ist, dass Sie Ihre negativen Emotionen kommunizieren und dass Sie sich so ausdrücken, dass sie mit Ihren Werten übereinstimmen. Denn nach meiner Erfahrung ist Glücklichsein der Prozess der Selbstwerdung. Wenn Sie sich in der Entwicklung zu Ihrem idealen Selbst befinden, sind Sie glücklich, dann können Sie gar nicht anders.

Dem Glück in sich selbst folgen

Auf einen Marathon zu trainieren und ihn zu laufen macht Sie sehr wahrscheinlich glücklicher als Schokolade zu essen. Sie werden Hindernisse und Einbrüche auf dem Weg dorthin erleben, aber am Ende werden Sie glücklich sein und dies als glückliche Erfahrung bewahren. Ein Kind aufzuziehen, wird Sie ganz oft an Ihre Grenzen und vielleicht auch zur Verzweiflung bringen, Sie werden keinesfalls alles richtig machen – und dennoch, wenn Sie jemand fragt, werden Sie sehr wahrscheinlich sagen, dass es mit das größte Glück ist, das Sie erleben. Weder das Marathontraining noch die Kindererziehung machen in der Regel Spaß – aber beides macht glücklich. Und übrigens ist auch nicht der Gewinn des Marathons oder das Superkind das, was uns glücklich macht. Es ist das Erreichen eines lang gesteckten Ziels. Es ist das Bewusstsein, dass Sie Ihr eigenes Leben hingeben für das Wachstum eines kleinen Wesens neben Ihnen. Das ist Glück. (Nicht immer Spaß, das sagten wir schon.)
Glück geschieht, wenn Sie sich erlauben, dem zu folgen, was bereits in Ihnen ist. Und da unser ideales Selbst immer direkt um die Ecke ist, immer ein paar Schritte voraus, haben wir die Möglichkeit immer in Bewegung zu bleiben und ihm zu folgen. Wir träumen davon Musiker zu werden, und wenn wir dann ein Musiker sind, träumen wir davon ein Regisseur zu sein und also folgen wir diesem Ruf und dann folgen wir vielleicht der Idee Schriftsteller zu werden – und es ist überhaupt nicht wichtig, die jeweiligen sogenannten Erfolgsplateaus zu erreichen, diese werden kommen und gehen, wichtig ist, dass wir uns auf sie zu bewegen und unserem idealen Selbst auf unserem Lebensweg folgen.
Hier mein ganz einfacher Rat: Stellen Sie sich in allen Einzelheiten vor, wer Sie sein wollen und dann gehen Sie los. Träumen Sie groß und dann schreiten Sie zur Tat. Das Resultat müssen Sie nicht kennen. Der Traum dient dazu, dass Sie sich in Bewegung setzen. Und es ist nicht wichtig, ob er in Erfüllung geht oder nicht. Leben Sie. Leben Sie einfach. Beenden Sie das Streben nach Glück – seien Sie einfach glücklich.
Herzlichst,
Ihr Uwe Pettenberg

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