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Interview mit Prof. Dr. med. Martina Müller-Schilling
Was hilft bei Völlegefühl?
Eine Expertin klärt auf
© underdogstudios - Fotolia.comDas Resultat nach dem Verzehr fettiger und sehr üppiger Speisen sind meist Blähbauch und Völlegefühl. Die Gastroenterologin Prof. Dr. med. Martina Müller-Schilling verrät, wie man Verdauungsstörungen effektiv bekämpft.
Sehr fettige und umfangreiche Mahlzeiten können Probleme bereiten: Viele Menschen leiden nach dem Verzehr unter Völlegefühl und Bauchschmerzen. Kann man etwas dagegen machen oder sogar vorbeugen? Die Gastroenterologin Prof. Dr. med. Martina Müller-Schilling klärt auf und gibt wertvolle Tipps, wie Sie Magen- und Darmprobleme verhindern können.
Frau Prof. Müller-Schilling, wie entsteht Völlegefühl?
Martina Müller-Schilling: Völlegefühl ist ein Problem, das jeder von uns kennt: Der Bauch ist ausgedehnt, die Hose spannt, und man spürt einen gewissen Druck im Verdauungstrakt, der Krämpfe sowie kolikartige Schmerzen zur Folge haben kann. Meist entsteht ein solches Unwohlsein durch Luft, die man beim Sprechen verschluckt hat, übermäßige Gasbildung im Darmbereich oder eine mangelhafte Gasabfuhr. Blähungen und das Empfinden des „Vollseins“ sind jedoch nicht unbedingt krankhaft: Tatsächlich ist es völlig normal, dass auch ein gesunder Mensch auf eine zu üppige und fettreiche Mahlzeit reagiert und diese dem Verdauungssystem Probleme bereitet. Denn Fakt ist: Bei jedem Verdauungsvorgang entstehen Darmgase. Der größte Anteil geht in den Blutkreislauf und wird dann über die Lungen ausgeschieden. Bei einem Überschuss entstehen allerdings sogenannte Winde, also Blähungen. Aus diesem Grund sollte man sehr genau darauf achten, was man isst und Nahrungsmittel, die Blähungen verursachen, besser meiden.Welche Lebensmittel können Völlegefühl begünstigen?
Müller-Schilling: Wir wissen, dass Hülsenfrüchte, Zwiebeln, Staudensellerie, Kohl, Sauerkraut und auch Wassermelonen Verdauungsstörungen auslösen können. Sie alle enthalten Zuckermoleküle, die im Dünndarm nicht verwertet werden können und zum Dickdarm weitertransportiert werden müssen, um dort von Bakterien der Darmflora zersetzt zu werden. Bei diesem Prozess entstehen Gase und Blähungen. Die Verträglichkeit der oben genannten Nahrungsmittel ist allerdings von Mensch zu Mensch verschieden. Im Grunde muss jeder für sich selbst herausfinden, ob ihm Zwiebeln & Co. Probleme bereiten oder nicht.Gibt es Hausmittel, die gegen Völlegefühl helfen?
Müller-Schilling: Ein paar. So fördert etwa Bewegung die Verdauung. Wer an Weihnachten mit der Familie geschlemmt hat, sollte nach dem Essen spazieren gehen – dadurch wird die Muskulatur angeregt, die dafür sorgt, dass die Nahrung im Verdauungstrakt weitergeleitet wird. Als magenberuhigend gelten zudem Fenchel oder Kümmel, die den Verdauungprozess beschleunigen sollen. Vom beliebten Schnaps nach reichhaltigem Essen sollte man indes die Finger lassen. Alkohol lockert zwar die Magenmuskulatur – das ist der Grund, warum ein Schnaps nach dem Essen das unangenehme Völlegefühl reduziert – doch Alkohol verzögert gleichzeitig die Verdauung der Nahrung.Und wie sieht es mit einem Kaffee oder Espresso nach dem Essen aus?
Müller-Schilling: Kaffee und Espresso nach einer üppigen Mahlzeit sind zwar ein wunderbarer Genuss und ein kulturelles Gut – Verdauungsstörungen oder Völlegefühl können sie aber nicht verhindern. Das darin enthaltene Koffein mobilisiert die Bewegungen in Magen und Darm, doch die Beschwerden bleiben bestehen.Kann man dem Völlegefühl eigentlich vorbeugen?
Müller-Schilling: In gewisser Weise schon. Wichtig ist es, sich beim Essen Zeit zu nehmen und nicht in Hektik zu verfallen. Essen Sie langsam und kauen Sie gründlich. Wird die Nahrung bereits im Mund intensiv zerkleinert, ist der Magen bei der Aufschlüsselung der einzelnen Nahrungsbestandteile nicht mehr ganz so stark gefordert. Dies hilft bei der Verdauung der Speisen und beugt einem Völlegefühl vor. Außerdem sollte man zu fettiges und schwer verdauliches Essen meiden und lieber auf eine ausgewogene Kost, etwa die mediterrane Diät setzen, die durch viel Olivenöl, Nüsse, Obst und Gemüse sowie Fisch und Geflügel geprägt ist. Das heißt nicht, dass Sie ein leckeres Drei-Gänge-Menü prinzipiell verschmähen sollen. Achten Sie allerdings darauf, dass die Portionen beim Essen nicht zu groß werden, und trinken Sie viel Wasser. Denn auch eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme hilft dabei, dass Verdauungsprobleme gar nicht erst entstehen und der Speisebrei im Magen-Darm-Trakt gut transportiert werden kann.Wenn man dennoch unter Beschwerden leidet: Wann sollte man zum Arzt gehen?
Müller-Schilling: Ein Arztbesuch ist immer dann erforderlich, wenn die Verdauungsstörungen länger anhalten oder über das übliche Maß hinausgehen. Leiden Sie unter Sodbrennen, einer plötzlichen, deutlichen Gewichtsabnahme oder Veränderungen im Stuhlgang, sollten Sie dies in jedem Fall mit Ihrem Arzt besprechen und sich untersuchen lassen.Häufig sind auch Nahrungsmittelunverträglichkeiten der Grund für wiederholte Verdauungsprobleme.
Müller-Schilling: Wer beispielsweise unter einer Laktoseintoleranz leidet, verträgt weder Milch noch Milchspeiseeis oder Sahne. Bei einer Fructoseintoleranz reagiert der Körper auf zu viel Fruchtzucker, das in Obst und jungem Gemüse vorkommt. Und bei einer Unverträglichkeit von Histamin bzw. einem Mangel der Histamin abbauenden Enzyme führen der Verzehr von geräuchertem Fleisch, Salami, Schinken, Rotwein, Tomaten, Schokolade und gereiftem Käse zu Blähungen, Durchfall oder Verstopfung. Und dabei erahnen die Betroffenen den Grund ihrer Beschwerden meist gar nicht. Genau deshalb sollte man auf seine Ernährung achten und sensibilisiert sein, wenn Verdauungsstörungen beim Verzehr bestimmter Lebensmittel immer wieder auftreten. Ein simpler Atemtest beim Arzt kann Aufschluss darüber geben, ob tatsächlich eine Nahrungsmittelunverträglichkeit vorliegt oder nicht. Ab dem 55. Lebensjahr rate ich Frauen und Männern darüber hinaus zu einer Darmspiegelung. Dieser Vorsorgeuntersuchung stehen viele zwar skeptisch gegenüber, sie ist aber sehr effektiv und ein wichtiges Instrument bei der Darmkrebsfrüherkennung.Wie kann man generell die Magengesundheit fördern?
Müller-Schilling: Allgemein zu empfehlen sind ausreichend Bewegung, wenig Alkohol und Verzicht auf Nikotin. Rauchen verursacht nicht nur Lungenkrebs – es kann auch Entzündungen im Magen-Darm-Trakt auslösen. Stress ist ebenfalls ein Risikofaktor für die Magengesundheit. Wer Sodbrennen vermeiden möchte, sollte seine Nerven – wann immer es möglich ist – schonen. Verzichten Sie außerdem weitgehend auf die Einnahme von Schmerzmitteln, denn sie greifen die Magenschleimhäute an. Wer auf schmerzstillende Medikamente angewiesen ist, weil er z. B. unter Rückenschmerzen leidet, sollte mit seinem Arzt über ein zusätzliches Medikament sprechen, das den Magen schützt. Ab und an eine Kopfschmerztablette zu nehmen, ist kein Problem. Doch generell ist bei Schmerzmitteln Vorsicht geboten.Martina Müller-Schilling ist seit Februar 2012 Direktorin der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I am Universitätsklinikum Regensburg. Die wissenschaftlichen und klinischen Schwerpunkte der Klinik sind die Gastroenterologie, die Behandlung von Lebererkrankungen, die Lebertransplantation, die Behandlung von Tumorerkrankungen sowie die internistische Intensivmedizin und die Endoskopie. Weitere Informationen unter www.ukr.de
Interview: Janina Darm
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