Freitag, 26. Dezember 2014

Den Stoffwechsel ankurbeln – funktioniert das?


Interview

Den Stoffwechsel ankurbeln – funktioniert das?

Kann man wirklich den Stoffwechsel ankurbeln? © detailblick - Fotolia.com
Jeder kennt den Begriff, doch kaum einer weiß, was er wirklich bedeutet: der Stoffwechsel. Wie funktioniert dieser wichtige Prozess im Körper? Und kann man seinen Stoffwechsel tatsächlich ankurbeln? Der Endokrinologe Prof. Dr. Eberhard Windler nimmt Stellung.

Wie funktioniert der Stoffwechsel?

Prof. Dr. Eberhard Windler: Zunächst muss man sagen, dass es nicht einen einzigen Stoffwechsel, sondern viele verschiedene gibt: unter anderem einen Kohlenhydrat- Stoffwechsel, einen Eiweiß-Stoffwechsel und einen Fett-Stoffwechsel. Häufig wird unter dem Begriff Stoffwechsel einzig und allein die Verdauung verstanden. Aber tatsächlich beinhalten die verschiedenen Stoffwechselwege die Umsetzung zahlloser Moleküle im Körper. Als Bestandteile der zugeführten Nährstoffe werden die Moleküle in den Zellen zu neuen Produkten umgewandelt. Sie sind wichtig für die Entstehung von Zellstrukturen und können auch in Energie umgesetzt werden – also dazu beitragen, dass der Körper funktioniert.

Haben manche Menschen einen guten und andere einen schlechten Stoffwechsel?

Prof. Windler: Die Annahme ist so nicht ganz richtig. In der Medizin unterscheiden wir lediglich zwischen einem einwandfreien und einem gestörten Stoffwechsel. Hat man beispielsweise Probleme bei der Verstoffwechselung von Nährstoffen, kann es zu Folgekrankheiten wie z. B. Diabetes kommen. Darüber hinaus gibt es auch Enzyme oder Rezeptoren, die gestört sein können. Es gibt also viele Möglichkeiten, dass spezifische Stoffwechselwege gestört sind, ohne dass das gesamte System zusammenbricht.

Kann man den Stoffwechsel auch ankurbeln?

Prof. Windler: Durchaus. In der Vergangenheit hat man dies mithilfe von Medikamenten getan, die Einfluss auf die Schilddrüsenfunktion genommen haben. Die Drüse ist entscheidend für die Stoffwechselprozesse. Bei einer sogenannten Unterfunktion sind die Stoffwechselwege im Körper langsamer, man leidet unter Gewichtszunahme, schnellem Frieren und Abgeschlagenheit. Bei einer Überfunktion, die mit Gewichtsverlust, übermäßigem Schwitzen und Ruhelosigkeit einhergehen kann, laufen die Stoffwechselwege hingegen wesentlich schneller ab. Menschen mit starkem Übergewicht haben früher dementsprechend Pillen bekommen, die die Stoffwechselprozesse im Körper beschleunigten. Die Medikamente hatten jedoch starke Nebenwirkungen: Viele Leute litten in der Folge unter Herz-Rhythmus-Störungen. Aus diesem Grund wurden Schilddrüsenpillen, die den Stoffwechsel anregen, verboten. Doch man kann die Stoffwechselwege auch ganz natürlich ankurbeln.

Und was genau muss man dafür tun?

Prof. Windler: Das Zauberwort heißt Sport. Seien Sie aktiv, und halten Sie sich fit! Durch Bewegung kann der Energieverbrauch – und damit automatisch auch der Stoffwechsel – angeregt werden. Gefördert werden die verschiedenen Stoffwechselwege im Körper übrigens auch durch Stress. Doch den sollte man natürlich besser vermeiden.

Gibt es Nahrungsmittel, die sich besonders gut umwandeln lassen?

Prof. Windler: Ja, im Grunde sind das all jene Bestandteile der Nahrung, die der Körper benötigt, um reibungslos zu funktionieren. Dazu gehören vor allem Kohlenhydrate, Fettsäuren und auch Eiweiße. Schlecht verstoffwechseln lassen sich hingegen Ballaststoffe, die in Obst, Hülsenfrüchten, aber auch in Mandeln enthalten sind. Sie sind jedoch gut für die Verdauung, weil sie vom Darm nicht aufgenommen werden können, und verhindern zudem Diabetes, Darmkrebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Helfen Entschlackungskuren dabei, Abfallprodukte des Stoffwechsels aus dem Körper zu schwemmen?

Prof. Windler: Nein. Dieser Mythos hält sich zwar hartnäckig, aber er ist falsch. In einem gesunden menschlichen Körper gibt es keine Ablagerung von Stoffwechselprodukten. Im Gegenteil. Der Körper scheidet jegliche Abfallprodukte, die bei der Umwandlung von Molekülen entstehen, auf ganz natürliche Weise aus. Die Leber fungiert gewissermaßen als Entgiftungsstation, die Schadstoffe aus dem Blut filtert und abbaut. Und die nicht verwertbaren Stoffe werden über den Darm und die Nieren ausgeschieden. Entschlackungskuren haben insofern vermutlich keinen Nutzen. Aber wer sich danach besser fühlt, soll sie natürlich auch weiterhin gern praktizieren.
Eberhard Windler gehört zu den Spitzenforschern im Bereich der Verhütung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der 62-jährige Endokrinologe ist Experte für Stoffwechselerkrankungen und arbeitet seit 1990 als Professor für Innere Medizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Hier führt er unter anderem klinische Studien zu Übergewicht und Metabolischem Syndrom, Insulinresistenz und Diabetesprävention durch. 2003 erhielt er den Preis für „Prävention in der Inneren Medizin“ der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin.
Interview: Janina Darm

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